Der künstlerische Ausdruck der Tätigkeit von MENSCH UND RAUM bei der Ausarbeitung von Pilger- oder Themenwegen besteht darin, dass ich wie eine „Dichte von Raum und Mensch“ abbilde.
Es entsteht ein virtueller Raum für ein Gebiet bzw. eine Landschaft, im übertragenen Sinne ein Bild mit einer Atmosphäre zu einem bestimmten Thema. Diesen entstandenen Raum drücke ich in Form einer Illustration bzw. Reisebuch-Literatur aus.
Inspiration für die Themen, zu denen ich diese Raum-Atmosphäre schaffe, bekomme ich immer und jederzeit in der Auseinandersetzung mit Orten.
Natürlich bekomme ich sie auch von außen, durch die Auftraggeber, z.B. das Thema Frauen-Pilgerweg oder die Anfrage zur Darstellung der „Kraft“ eines Weinberges.
Die Herangehensweise für das künstlerische Schaffen und die Umsetzung der Themen kommt aus mir selbst:
- Aus der Verbindung von sinnlichem Spüren von Orten, Städten, Landschaften und Naturorten,
- dem professionellen Verständnis dieser Orte als Stadtplanerin,
- der Befassung mit Geschichte und bildender Kunst der Region
- sowie der Innenschau meiner Emotionen, auch Ängsten, und Leidenschaften, Vorstellungskräften und mystischen Imaginationen in Bezug auf ein gestelltes Thema.
Im aktuellen Auftrag des Evangelischen Frauenpilgerweges Baden „PILGER.SCHÖN“ der Evangelischen Frauen in Baden handelt es sich beispielweise um die Ausbildung eines Fensters zur inneren Welt einer Frau bzw. der Frauen allgemein. Hier erarbeite ich eine Frauen-Dichte, ein Frauen-Bild, eine Frauen-Atmosphäre oder auch ein Frauen-Alphabet:
Meine Gedanken und Gefühle in Bezug auf mein eigenes Leben und die Rollen als Frau, auf meine weibliche Seite und das Sein des Weiblichen in der Gesellschaft bilden sich in Gestalt eines Weges durch eine gegebene Region ab.
In der von mir gewählten künstlerischen Darstellungsweise, mit Illustrationen und literarischer Beschreibung der Wege und Orte, sowie natürlich auch beim Begehen des Weges, kann diese Arbeit von anderen Menschen (Männern und Frauen) sinnlich wahrgenommen und dadurch geistig und körperlich verstanden werden.
Meine Arbeit kann so zur eigenen Reflektion über das Weibliche und Männliche anregen. So ist es, neben meinem eigenen inneren Prozess des künstlerischen Schaffen, meine Intention, die Auftraggeberinnen und die Pilger*innen auf dem Frauenpilgerweg mit der Verkettung der Frauen-Orte insgesamt in ihrer Innenwelt zu bewegen.
Durch die graphisch und schriftlich aufbereiteten Inhalte und die Möglichkeit zur Erfahrungen an den Orten direkt können sie so zu neuen Impulse auf ihrem Lebens-Weg kommen.
Die Herangehensweise
Um ein Gefühl für eine jeweilige Region und Ihre Aspekte zu bekommen und die Dichte von Raum und Mensch darin zu verstehen und abzubilden habe ich folgende Herangehensweise entwickelt:
Zum einen analysiere und interpretiere ich die Kunstwerke in Kirchen (Abbildungen zu biblischen, göttlichen oder weltlichen Themen in der Darstellung von Heiligen, Stifterfiguren, Epitaphen, Glasfenster, etc.) in Bezug auf das gestellte Thema. Hier erschließt sich einiges in der kunstgeschichtlichen Analyse, vieles aber erst bei Hinzunahmen von mystisch-philosophischer Deutung, sozusagen im Lesen des Subtextes.
Zweitens nehme ich historische und gegenwärtige Kunst und Skulpturen im öffentlichen Raum hinzu, studiere ihre Entstehungsgeschichte und stelle eine Verbindung dieser Kunstwerke zum jeweiligen Leitgedanken her. Jetzt aktuell geht es um die Frau und ihre Begebenheiten in der Gefühlswelt bzw. auch in der äußeren Welt wie der Arbeitswelt, der gesellschaftlichen Stellung in der Geschichte und Heute, in der Politik und Religion.
Drittens prägen vor allem Menschen eine Region, genauer gesagt den Geist einer Region: Hier recherchiere ich zu bekannten historische Figuren und deren Werken, besonders zu Künstlern, Schriftstellern, Intellektuellen, aber auch religiös-spirituellen Identifikationsfiguren vor Ort. Auch Sagen und Geschichten eines Landstrichs können immer noch einiges über die lokale Atmosphäre aussagen.
Die Interpretation der Landschaftsformen ist der vierte Aspekt. Topographie kann Formen aufweisen, die an den Menschenkörper erinnern. Die Gestalt der Landschaft und die Symbolik von geologischen Gesteinsschichten spiegeln häufig die Gemütszustände der Bevölkerung wieder. So kann beispielsweise ein Bruch von einer zusammenhängenden Hügellandschaft (z.B. Odenwald) zu einer flachen Tiefebene (z.B. Bauland) symptomatisch für die Mentalitätsunterschiede in den Gemütern der Menschen stehen.